Musikalische
Delikatesse serviert
Künstler-Duo
spielte in der reformierten Kirche neuzeitliche französische
Fagott- und Orgelmusik
rheineck.
Am Donnerstagabend bot die reformierte Kirche den stimmigen
Rahmen für ein bemerkenswertes Solistenkonzert der zwei
jungen Schweizer Künstler Nicolas Rihs (Fagott) und David
Schenk (Orgel).
Diese
intimen «Winterkonzerte» – viele Jahre im Rathaussaal
– veranstaltet die Gesellschaft für Musik und Literatur
immer zu Jahresbeginn als Kontrapunkt zur traditionellen
«Löwenhof»-Serenade im Juni.
Heuer
wurde ein delikates Programm mit französischer Instrumentalmusik
aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts präsentiert. Dabei
stellten sich Nicolas Rihs aus Biel und David Schenk (Organist
in Rebstein, Widnau-Diepoldsau-Kriessern) mit einer Auswahl
interessanter Werke der Komponisten Jehan Alain (1911
– 1940) und Charles Koechlin (1867 – 1950)
vor.
Respektables
Format
Die
beiden bewiesen solistisch und als Instrumental-Duo respektables
Format: spieltechnisch professionell, dynamisch und subtil
gestaltend in der musikalischen Aussage und homogen im
Zusammenspiel. Beide verfügen über eine reiche Ausdruckspalette
und sympathische Ausstrahlung.
Ein
Hauch von Melancholie
Der
Fagottist beeindruckte mit biegsamem sonoren Ton, guter
Atemtechnik und Phrasierungskunst. David Schenk überzeugte
als feinsinniger Organist mit Spielkultur. Er nützte die
Möglichkeiten der relativ kleinen Orgel bei den Soli und
den Begleitparts durch einfühlsame Registrierung und transparentes
Spiel optimal. Das einstündige exklusive Nonstop-Programm
mit Raritäten spätromantischer französischer Fagott- und
Orgelmusik führte das Publikum in ungewohnter Tonsprache
in faszinierende Klangwelten und Ausdrucksformen. Die
Interpreten und besonders auch die Zuhörer waren voll
gefordert. Während die Werke von Charles Koechlin mehr
der Spätromantik verhaftet sind, stösst Jehan Alain in
neue eigenständige Klangbereiche (Akkorde, selbst entwickelte
Tonarten) vor. Die expressiven Kompositionen beider Komponisten
durchwehte ein Hauch von Melancholie und Besinnlichkeit.
In der einleitenden Sonate von Koechlin liessen das elegische
«Nocturne» und das leidenschaftliche «Finale» aufhorchen.
Bei seinen «Trois pièces» kosteten Fagottist und Organist
im romantischen Zwiegespräch den Wohlklang aus. Höhepunkt
war die «Troisième Sonatine» für Fagott solo mit der variablen
Themengestaltung sowie den filigranen Koloraturen und
den exakten Läufen im duftig beschwingten «Finale».
Magische
Klanglichkeit
Hervorragend
meisterte Nicolas Rihs auch die anspruchsvolle «Monodie»
von Jehan Alain und den heiklen Solopart im «Intermezzo»,
wo der Organist einen fein gewobenen Klangteppich ausbreitete.
Beim Orgel-Solo «Deuxième Fantaisie» – einem Opus
von magischer Klanglichkeit – kontrastierten die
zarten Orgel-Register der gefühlvollen lyrischen Passagen
mit den chromatischen Klangschattierungen in den leidenschaftlichen
Steigerungen und Ausbrüchen. Um zwei höchst eigenwillige,
aparte Kompositionen von Jehan Alain handelte es sich
beim diffizilen Orgelsolo «Deux danses à Agni Yavishta»
(altindische Gottheit), einem Highlight des Abends.
Einen
krönenden Abschluss des Konzertes bildeten die farbigen
«Trois mouvements», op. 64, für Fagott und Orgel von Jehan
Alain. Das träumerische Einleitungsmotiv entwickelte sich
zu bewegtem Figurenwerk (Orgel) und mündete in einem bravourös
gespielten Finalsatz, der reichen Beifall auslöste
Ferdinand
Ortner, 30. Januar 2006
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